Wenn es auf dem Bankkonto fast keine Zinsen gibt oder sogar der Negativzins mit Geldvernichtung droht, dann suchen Anleger neue Anlageformen. Diese finden Sie vor allem in neuen Kryptowährungen. Hohe Gewinne werden versprochen, doch nicht selten ist das Geld am Ende verloren.
Seit die Kryptowährung Bitcoin durch fantastische Kursbewegungen auf sich aufmerksam machen konnte, sind die hochspekulativen Pseudo-Währungen in aller Munde. Diverse Neuschöpfungen zogen nach, und seit längerer Zeit werden durch immer wieder neu aufgelegte Initial Coin Offerings (ICOs) dem Anlegerpublikum weitere Emissionen vorgestellt. Der Eindruck entsteht, dass nicht nur „Schürfen“ von Bitcoins einige Internetbörsianer reich machen soll, sondern auch das Abschöpfen von ahnungslosen Kunden. Die Marktwächter vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sind der Sache nachgegangen.
Das Auflegen von Internet-Währungen wird bei diesen Neukonstruktionen seit einiger Zeit mit dem Crowdinvesting verbunden. Bei dieser seit Jahren bekannten Art der Kreditaufnahme wendet sich der Schuldner nicht an eine Bank, sondern an die „Crowd“ im Internet. Privatpersonen oder Unternehmen stellen ihre finanzielle Situation auf bestimmten Internet-Portalen vor, um möglichst viele „Gläubiger“ zu überzeugen.
Doch was sind Initial Coin Offerings (ICOs) überhaupt? Die Verbraucherzentrale erklärt dazu:
Im Grunde geht es oft darum, dass ahnungslose Verbraucher mit dem Versprechen von hohen Renditen geködert werden. Das Geld soll jedoch in hochspekulative und zudem neue Kryptowährungen investiert werden. Viele Kleininvestoren können weder das Risiko noch das System dahinter überblicken. Wir haben bereits über Abzocke in Zusammenhang mit Kryptowährungen berichtet.
Bitcoin auf Kredit?
Die Verbindung einer Kryptowährung mit einem Kredit ist allerdings eine gewagte Konstruktion – besonders für den Anleger. Zusätzlich demonstrieren die Herausgeber solcher Papiere in ihren Unterlagen, dass sie seriöse Bankgeschäfte nur von Weitem kennenlernen durften.
Dem Teamleiter Marktwächter Finanzen bei der Verbraucherzentrale Hessen, Wolf Brandes, sind die fragwürdigen Vorgehensweisen von dubiosen ICOs aufgefallen: „Neben der eigentlichen Funktion eines ICO, der Kapitalaufnahme, bietet man den Anlegern mehrstufige Vergütungspläne an, wenn diese neue Anleger werben“, nach dem bekannten Muster sogenannter Schneeballsysteme. Die eigentlichen Ziele der aufgelegten Währung bleiben allerdings intransparent.
Auch die Präsentationen lassen zu wünschen übrig. Dem Impressum ist häufig kein konkreter Ansprechpartner zu entnehmen, der Firmensitz ist oft im Ausland, oder es werden gleich mehrere Niederlassungen weltweit angegeben.
Unklare Vereinbarungen über rasant schwankende Währungen
Dokumente mit einer detaillierten Darstellung der Investition – Businesspläne, Roadmaps, Whitepaper – sind knapp gehalten und unvollständig. Chancen und Risiken der Anlage werden nur oberflächig beschrieben. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten Klauseln, die den Verbraucher benachteiligen. Der Anbieter behält sich etwa eine jederzeitige Änderung von Bedingungen oder Gebühren vor, ohne dass der Anleger informiert werden muss. Das Nutzerkonto kann nach Ermessen des Anbieters geschlossen werden, was im Ernstfall bedeuten kann: Das Geld ist weg.
Auch seriöse Angebote sind hochriskant
Zudem werden die Investitionen in künstlichen Währungen wie Etherium oder Bitcoin gerechnet. Und diese sind extrem schwankungsanfällig, nicht nur in die nördliche Richtung. Will sagen: Sehr plötzlich kann die Einlage nur noch die Hälfte wert sein. Die europäische Finanzaufsicht weist zudem auf die Anfälligkeit für betrügerische Handlungen hin, denn die ICOs bleiben weitgehend anonym, und hohe Geldbeträge sind im Spiel, die in kürzester Zeit gehandelt werden.
Aber nicht alle ICOs sind unseriös, dennoch sollte dem Anleger immer bewusst sein, auf welches Risiko er sich einlässt. „Die ICOs sind hochspekulative Anlagen mit Totalverlustrisiko“, so Brands weiter. Außerdem sind in diesem Markt hauptsächlich Start-ups aktiv, die ihr Geschäft erst noch etablieren wollen. Gelingt das nicht, geht das Unternehmen in die Insolvenz, besteht für den Verbraucher meist keine Aussicht auf Entschädigung.