Einen Krankenschein bekommen Sie aktuell auch ohne Arztbesuch. Es genügt eine Kontaktaufnahme per WhatsApp, etwas Kleingeld und eine Art Ferndiagnose. Doch wie funktioniert die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf Abruf und ist der Service überhaupt zulässig? Wir sehen uns Risiken und Nebenwirkungen an.
In der kalten Zeit des Jahres ist es das typische Szenario: Sie haben sich eine Erkältung eingefangen und sitzen in einem Wartezimmer voll hustender und niesender Menschen, um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt zu bekommen. In dieser Zeit sind die Praxen von Allgemeinmedizinern oft überlaufen und Sie müssen eine entsprechende Wartezeit einplanen. Im Falle einer Erkältung ist das natürlich unangenehm und Sie können außerdem andere Patienten in den Warteräumen anstecken. Seit Kurzem gibt es einen Anbieter, der Ihnen eine AU-Bescheinigung direkt per Ferndiagnose über WhatsApp zustellt.
So funktioniert die Krankschreibung auf Abruf
Der Anbieter AU-Schein.de ermöglicht es Ihnen, per Ferndiagnose einen Krankenschein auszustellen, den Sie bei Ihrem Arbeitgeber einreichen können. Dazu melden Sie sich an und füllen einen Fragebogen zu Ihren Symptomen aus. Im Anschluss erhalten Sie den Krankenschein in digitaler Form per WhatsApp und einen Tag später per Post. Für den Service zahlen Sie 9 Euro per PayPal.
Der Anbieter stellt Ihnen jedoch nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus, wenn Sie lediglich an einer harmlosen Erkältung mit Schnupfen oder Husten leiden. Für andere Erkrankungen funktioniert der Service nicht. Um den Arbeitgeber außerdem vor einem Missbrauch zu schützen, können Sie den Service nur maximal zweimal pro Jahr in Anspruch nehmen. Die maximale Krankschreibungsdauer beträgt drei Tage und Sie können keine rückwirkende Bescheinigung erhalten.
Ist der AU-Schein per WhatsApp legal oder illegal?
In anderen Ländern wie zum Beispiel in England ist es schon längst Gang und Gäbe, dass Ärzte aus der Ferne Diagnosen stellen und Menschen krankschreiben können. In Deutschland war das bis vor Kurzem nicht möglich, denn per Gesetz war es vorgeschrieben, dass das Ausstellen einer Krankschreibung nur möglich ist, wenn der entsprechende Arzt den Patienten schon einmal persönlich gesehen hat. Nur in Ausnahmefällen ist eine Krankschreibung aus der Ferne erlaubt gewesen.
In Schleswig-Holstein wurde dieses Gesetz kürzlich aber gelockert und erlaubt nun durchaus eine Krankschreibung per Ferndiagnose. Das gilt jedoch lediglich für Ärzte die im Bundesland Schleswig-Holstein tätig sind, weshalb die Ärztin von AU-Schein.de auch in diesem Bundesland arbeitet. Beziehen können Sie einen Krankenschein von ganz Deutschland aus. Der Service ist also aus dieser Sicht legal, meint Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE.
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Muss der Arbeitgeber den Krankenschein akzeptieren?
Der Arbeitgeber benötigt einen Krankenschein, da er zu einer Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtet ist. Diese Lohnzahlungen kann er sich anteilig bei der Krankenkasse des Mitarbeiters zurückholen, sodass die finanzielle Belastung verringert wird. Durch den AU-Schein spart der Arbeitgeber Lohnkosten im Vergleich zu einem arbeitsunfähigen Mitarbeiter ohne Krankenschein.
Ihr Arbeitgeber könnte anzweifeln, dass Sie tatsächlich krank beziehungsweise arbeitsunfähig sind. In einem solchen Fall genügt es oft, wenn Sie einen Zeugen vorbringen können, der Ihre Erkrankung bestätigen kann. Das können auch Familienmitglieder oder Freunde sein. Allerdings gibt es in Zusammenhang mit au-schein.de noch keine Urteile. Riskant ist auch, dass die Krankschreibung von der Ferne beim Arbeitgeber einfach nur schlecht ankommt und dadurch das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter belastet wird.
Was ist mit dem Datenschutz bei au-schein.de?
Wenn persönliche Daten und Gesundheitsdaten über das Internet und sogar über WhatsApp übermittelt werden, wird das von Datenschützern kritisch gesehen. Schließlich werden durch die Übermittlung von Symptomen und dem Krankenschein womöglich sensible Daten über Server außerhalb der EU übertragen und zwischengespeichert. Onlinewarnungen.de rät regelmäßig davon ab, sensible Daten per WhatsApp über Server in den USA zu übertragen.
Laut dem Unternehmen au-schein.de ist der Service jedoch DSGVO-konform. Außerdem teilt das Unternehmen auf seiner Webseite mit, dass durch das Portal selbst nur die Telefonnummer und die E-Mail-Adresse des Nutzers gespeichert werden. Weitere Daten werden nach Selbstauskunft von AU-Schein.de nur durch den Arzt gespeichert, allerdings aufgrund gesetzlicher Pflichten für 10 Jahre. Dazu zählen Ihre Telefonnummer, die Adresse, Angaben zu Symptomen, Angaben zu etwaigen Risikoumständen, die Art der Krankenversicherung (privat/gesetzlich) und alle Informationen, die auf der Versichertenkarte zu sehen sind.
Wir gehen fest davon aus, dass wir in Zusammenhang mit dem Datenschutz nicht das letzte Mal von AU-Schein.de hören. Hier wird es weitere Auseinandersetzungen geben.
Vorteile der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per WhatsApp
Die Vorteile von AU-Schein.de liegen sowohl auf der Seite des Arbeitnehmers, als auch beim Arbeitgeber. Nicht immer ist es nötig, wegen einer harmlosen Erkältung einen Arzt aufzusuchen. Jedoch sind Sie als Angestellter dazu gezwungen, da Sie bei Ihrem Arbeitgeber eine Krankschreibung vorlegen müssen. Mit Au-Schein.de lassen sich Arztpraxen entlasten und Sie selbst müssen sich nicht aus dem Haus quälen.
Viele Arbeitsverträge verlangen außerdem die Vorlage eines Krankenscheins ab dem ersten Tag der Krankheit. Bei einem regulären Arztbesuch ist das nicht immer möglich, sodass Ihr Arbeitgeber mit der digitalen Krankschreibung schneller zu seinem Geld kommt. Darüber hinaus ist er aufgrund der Tatsache, dass Sie den Service nur zweimal jährlich für eine Erkältung in Anspruch nehmen können, auf der sicheren Seite. Ein ständiger Missbrauch von Mitarbeitern, die gar nicht krank sind, ist damit ausgeschlossen. Ihr Arbeitgeber hat somit wenig Grund, Ihren eingereichten Krankenschein anzuzweifeln oder sogar abzulehnen.
Nachteile von AU-Schein.de bedenken
Wenn Sie sich für AU-Schein.de entscheiden, sollten Sie auch einige Nachteile der Krankschreibung per Ferndiagnose bedenken. Zunächst ist klar, dass eine Ferndiagnose nicht annähernd so exakt sein kann, wie eine tatsächliche Untersuchung durch einen Arzt. Wenn es Ihnen also weniger um den Krankenschein und mehr um Ihre Gesundheit geht, dann sollten Sie lieber einen Arzt aufsuchen. Außerdem kostet der WhatsApp-Service von AU-Schein.de zusätzlich Geld. Bei Ihrem Hausarzt ist der Krankenschein dagegen gratis. Nicht zuletzt kann es die geschilderten Probleme mit dem Arbeitgeber geben und die Übertragung der Daten über Server in den USA sollten Sie auch im Kopf behalten.
Fazit zu au-schein.de
Aktuell ist der innovative Krankenschein-Service au-schein.de nicht illegal. Allerdings gibt es Risiken und Nebenwirkungen, die Sie als Patient auf jeden Fall beachten sollten. Letztlich müssen Sie selbst entscheiden, ob Sie einen Bruch des Vertrauensverhältnisses zum Arbeitgeber in Kauf nehmen, für den AU-Schein Geld bezahlen und Ihre Gesundheitsdaten über das Internet übertragen möchten.
Haben Sie bereits einen Krankenschein von AU-Schein.de bekommen und wie hat Ihr Arbeitgeber diesen angenommen? Was halten Sie davon, dass ein Krankenschein nun auch per WhatsApp geordert werden kann? Teilen Sie uns gerne Ihre Erfahrungen über die Kommentare unterhalb des Artikels.
Haben Sie schon gelesen, dass es vorkommen kann, dass fremde Nutzer die für Sie bestimmten WhatsApp-Nachrichten und Fotos bekommt?
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Ich habe gerade so eine AU von einem Mitarbeiter bekommen. Ich fühle mich mehr als verarscht. War gerade mal auf der Seite und im Grunde ist die einzige Frage für wie viele Tage ich krankgeschrieben werden möchte. Bei einer Krankschreibung wegen Regelschmerzen wir noch nicht mal abgefragt ob ich ne Frau bin.
Dann kann man das auch ganz lassen. Bleiben wir einfach alle zuhause, Gehalt kommt eh per Überweisung (muss man also nicht einmal abholen). Und da soll noch mal einer sagen die Flüchlinge wären die Sozialscharozer…
Rezeptvorbestellungen über WhatsApp wurden aus DS-GVO-Gründen untersagt:
„Bei diesem Vorgang werden jedoch sensible Gesundheitsdaten, die eigentlich nur für den Apotheker bestimmt sind, automatisch auch an den US-amerikanischen Anbieter des Dienstes übermittelt“
Warum soll eine Karnkschreibung erlaubt sein?