2019 wurden im Gebrauchtwagenmarkt in Deutschland knapp 90 Milliarden Euro Umsatz generiert – ähnlich viel wie im Bauhauptgewerbe. In einem derart umfangreichen Markt ist es leider unvermeidlich, dass es immer wieder Tricksereien zulasten der Kunden gibt.
Wenn Sie sich für ein Gebrauchtfahrzeug interessieren, muss Ihnen klar sein, dass damit immer ein gewisses Risiko einhergeht. Schließlich lässt sich selbst bei bestens nachvollziehbarer Historie durch ein lückenlos ausgefülltes Scheckheft nie gänzlich verifizieren, wie sorgsam der oder die Vorbesitzer mit dem Auto umgingen. Schließlich ist in der Regel weder der Händler noch eine Ihnen bekannte Person mit dem Auto gefahren.
Kaufen Sie das Fahrzeug von privat, im Idealfall von einer Ihnen mindestens weitläufig bekannten Person, ist das Risiko überschaubar. Auch bei seriösen und großen Autohäusern müssen Sie oft keine Angst vor Betrug am Gebrauchtwagen haben. Allerdings gibt es immer wieder einige dubiose Händler, die Ihr Fachwissen nicht gerade zum Vorteil der Kunden nutzen. Deshalb muss das günstigste Angebot nicht zwingend auch das Beste sein. Auf die folgenden Tricks und Fallen sollten Sie beim Kauf eines Gebrauchten in jedem Fall achten.
1. Die Tachomanipulation
Die Laufleistung ist ein wichtiges Kriterium der Preisgestaltung. Je niedriger sie ausfällt, desto höher der Verkaufspreis für ein ansonsten gleiches Fahrzeug. Wie der Kilometerzähler manipuliert werden kann, hängt vom technischen Aufbau ab:
- Ist der mechanische Tacho über eine Welle mit dem Getriebe verbunden, wird er ausgebaut und die Welle an eine Bohrmaschine angeschlossen. Diese wird nun rückwärts laufen gelassen, sodass sich die Zahlentrommeln entgegen der ursprünglichen Richtung zurückdrehen. Das ist allerdings nur noch bei Young- und Oldtimern relevant, da Autos seit weit mehr als zwanzig Jahren Laufleistungen elektronisch messen.
- Bei einem digitalen Tacho, der den Kilometerstand über elektronische Geber und Steuergeräte misst, wird dieser einfach umprogrammiert. Dabei handelt es sich um das Ausnutzen einer technischen Notwendigkeit: Meist ist herstellerseitig explizit die Möglichkeit der Programmierung gegeben – damit beim Austausch einer defekten Tachoeinheit das neue Modul dennoch den richtigen Kilometerstand anzeigt.
So können Sie sich vor Tachomanipulation schützen
Dass der Tacho selbst manipuliert wurde, lässt sich nicht erkennen. Sie können lediglich auf zum Kilometerstand unpassende Faktoren achten. Vor allem:
- Im Scheckheft oder auf Wartungsaufklebern finden sich abweichende Angaben zum Kilometerstand mit höherer Laufleistung als das, was der Tacho anzeigt oder was nach menschlichem Ermessen glaubwürdig ist.
- Der Innenraum wirkt übermäßig abgenutzt. Ein deutliches Indiz sind speziell die Gummiauflagen der Pedale. Sie zeigen üblicherweise erst weit jenseits von 100.000 Kilometern sichtbaren Verschleiß.
Tipp: Der Kilometerstand wird zudem im Fahrzeugsteuergerät festgehalten. Zwar kann er dort auch manipuliert werden, das wird jedoch deutlich seltener gemacht, weil es in der Regel genügt, den „sichtbaren“ Kilometerstand zu justieren. Werkstätten, dazu auch Prüforganisationen, können das Steuergerät auslesen. Stimmt die dortige Laufleistung nicht mit dem Tacho überein, sollten Sie dieses Fahrzeug nicht nehmen.
2. Der Verkauf im Kundenauftrag
Aus gewährleistungsrechtlicher Sicht gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen gewerblichen und privaten Verkäufen von Fahrzeugen – erstere müssen eine mindestens einjährige Gewährleistung auf Mängel geben; eine schon seit einigen Jahren bestehende EU-Vorgabe. Für Privatverkäufe hingegen besteht diese Pflicht nicht.
Um diese Vorgabe zu umgehen, offerieren Händler ein Fahrzeug als „Verkauf im Kundenauftrag“. Das heißt, es wird Interessenten suggeriert, dass ein Privatbesitzer der eigentliche Verkäufer wäre und der Händler nur seine Räumlichkeiten und Werbereichweite zur Verfügung stellt und die Verkaufsabwicklung übernimmt. Häufig wird mit einem sehr alten Vorbesitzer argumentiert, manchmal auch mit Todesfällen und Erben, die einen Teil der Arbeit ausgelagert haben.
So können Sie sich schützen
Dieses Vorgehen ist dann ein schlechter Trick, wenn in den Vertragsunterlagen die Sachmängelhaftung ausgeschlossen wird. Dann möchte sich der Händler meist nur vor seiner Gewährleistungspflicht drücken – weil er womöglich weiß, dass mit diesem Fahrzeug etwas nicht stimmt.
Ein guter Rat ist in diesem Fall, das Fahrzeug nicht zu kaufen; nur dies schützt wirklich zuverlässig vor einem Fehlkauf, da sich anbahnende Schäden meist nur durch ausgesprochene KFZ-Profis erkennbar sind.
3. Die Händlerfinanzierung
Dieser Trick kommt vor allem in Marken-Autohäusern und bei großen freien Gebrauchtwagenhändlern vor. Diese arbeiten sehr häufig mit Banken zusammen – bei den Autohäusern oftmals mit einer konzern- bzw. werkseigenen Bank, bei den Händlern hingegen mit regulären Geld- und Kreditinstituten.
Dem Kunden wird direkt beim Kauf ermöglicht, die Finanzierung ebenfalls über den Händler laufen zu lassen. Natürlich ist das komfortabel, so können alle Unterlagen in einem Zug bearbeitet werden. Was jedoch verschwiegen wird: Der Verkäufer bekommt dafür in der Regel durch das Kreditinstitut eine Provision. Bezahlt wird diese manchmal durch den Kunden, dieser zahlt für die Finanzierung dann mehr als für einen Auto-Kredit in dieser Höhe üblich wäre. Zudem ist ein Vergleich der Angebote am Markt bei einer Händlerfinanzierung kaum möglich.
So können Sie sich schützen
Händlerfinanzierungen sind nicht zwangsläufig eine schlechtere Option, deshalb gilt es, sich möglichst umfassend zu informieren. Sinnvoll ist es, bereits vor dem Kauf die möglichen Optionen und Rahmenbedingungen für einen Kredit zu recherchieren und abzuwägen. Stellen Sie Kreditvergleiche für die nötige Kaufsumme an, notieren Sie sich Zinssätze, besonders die Effektivzinsen. Damit können Sie beim Händlerkredit aufdecken, ob er günstig oder teuer ist – und im Zweifelsfall einfach den Kredit woanders aufnehmen.
Tipp: Wenn sie durch eine Fremdfinanzierung die Kaufsumme auf einmal zahlen (wird oft auch bei bargeldlosen Zahlungsmethoden fälschlich als „Barzahlung“ bezeichnet), sollten Sie vor der Vertragsunterzeichnung einen Barzahler-Rabatt aushandeln. Bis zu fünf Prozent dürfen Sie dabei durchaus erwarten. Damit kann ein Dritt-Kredit oftmals auch einen eigentlich zinsgünstigeren Händlerkredit unterbieten.
4. Der blitzblanke Motorraum
Ausfallerscheinungen bei einem Fahrzeug zeigen sich oft dort zuerst, wo die meiste Technik liegt: im Motorraum. Allein am Motor selbst gibt es zahllose Dichtungen und Anbauteile, die leck schlagen können. Deutlich sichtbar wird dies durch:
- Ölspuren
- mit Öl verkrusteter Straßenschmutz
- weiße Kalkränder – sie deuten oft auf zurückliegende Kühlwasserverluste hin, sofern sie sich fernab von den Kühl- und Wischwasserbehältern befinden, also simples Verschütten unwahrscheinlich ist
Der Trick: Nicht nur das Fahrzeugäußere und der Fahrgastraum werden für die Verkaufspräsentation aufbereitet, auch der Motorraum und die Fahrzeugunterseite werden mit Kaltreinigungsmittel und Hochdruckreiniger behandelt, sodass sie „wie neu“ wirken.
So können Sie sich schützen
Grundsätzlich deutet ein sauberer Motorraum nicht immer auf Täuschungsversuche hin, oft sind nur überambitionierte Händler der Grund. Aber: Tricksende Verkäufer bauen darauf, dass die meisten Interessenten vor der Probefahrt das Auto nur optisch begutachten. Denn wenn Sie eine Probefahrt absolvieren, werden lecke Dichtungen auch weiterhin Flüssigkeiten durchlassen, besonders Öl.
Bei einem grundgereinigten Motorraum sollten Sie sich deshalb die Mühe machen, nach der Probefahrt abermals alles gründlich in Augenschein zu nehmen. Auf einem sauberen Triebwerk zeigen sich Leckagen besonders gut.
Tipp: Wenn sich in einem sauberen Motorraum frische Wartungszettel befinden, sollten Sie deren Daten mit dem Scheckheft vergleichen. Seriöse Händler, die bloß beim Reinigen überambitioniert sind, bringen hinterher neue Zettel mit den korrekten Daten an.
Es ist eigentlich unvorstellbar und dennoch jederzeit möglich. Sie sitzen in Ihrem Auto und können dieses nicht mehr selbst steuern. Das Fahrzeug wurde von einem Kriminellen übernommen, der die volle Gewalt darüber hat. Bei neueren
5. Das Erzeugen von Zeitdruck
Ein psychologischer Trick: Das Andeuten von Dringlichkeit erzeugt in unserem Gehirn oft gesteigerte Begehrlichkeit und schaltet gleichzeitig die Sorgfalt außer Kraft. Gern machen Händler deshalb Druck mit Sätzen wie diesen:
- Für den Wagen gibt es noch sehr viele andere Interessenten.
- Eigentlich ist das Auto ja schon verkauft.
- Heute Nachmittag wollen sich noch zwei andere Interessenten den Wagen anschauen.
- Wäre es okay, wenn wir die Probefahrt etwas kürzer halten?
Kurzum: Ihnen wird suggeriert, dass Sie schnell zuschlagen müssen, um sich dieses Angebot nicht entgehen zu lassen.
So können Sie sich schützen
Grundsätzlich sollten Sie immer hellhörig werden, wenn ein Händler offensichtlich oder auch unterschwellig versucht, Druck aufzubauen. Das ist zumindest ein sehr schlechter Stil, der nicht gerade für den Verkäufer spricht.
Dabei gilt als wichtigste Regel: Lassen Sie sich nie unter Druck setzen. Sie sind der Kunde, der Verkäufer ist auf Sie und Ihr Geld angewiesen, nicht umgekehrt. Es gibt keinen Grund, dem Verkäufer einen Gefallen zu tun, indem Sie sich unnötig kurzfassen.
Ein echtes Ausschlusskriterium sollte Druck immer dann werden, wenn der Verkäufer Sie damit offensichtlich dazu bringen möchte, weniger Sorgfalt bei der Inaugenscheinnahme und der Probefahrt walten zu lassen. Auch dann sollten Sie von diesem Fahrzeug (und dem Händler) besser Abstand nehmen.
6. Der Verkauf als Bastler- oder Schrottfahrzeug
Hierbei handelt es sich ebenfalls um einen Trick, die Gewährleistungspflicht zu unterlaufen. Besonders häufig ist das bei Gebrauchtwagen aus den unteren bis untersten Preisbereichen der Fall – Fahrzeuge mit hoher Laufleistung und insgesamt schlechterem Zustand. Üblich ist es, das Auto als „Bastlerfahrzeug (ohne Garantie/Gewährleistung)“ oder „an/für Bastler“ zu offerieren. Seltener, aber ebenfalls üblich sind sogar Bezeichnungen wie „Schrottfahrzeug“.
So können Sie sich schützen
Grundsätzlich unterscheidet die Rechtsprechung zwei Fälle der Verwendung solcher Begriffe:
- Legitim ist es, wenn das Fahrzeug nicht ohne Weiteres eine Hauptuntersuchung bestehen und am Straßenverkehr teilnehmen könnte. Das heißt, der Wagen ist beim Kauf nicht fahrbereit.
- Nicht Legitim ist es, wenn das Fahrzeug keine tiefergehenden Mängel hat und spätestens nach Behebung kleiner Schäden zugelassen werden könnte.
Wird der Wagen explizit als Schrottfahrzeug angeboten, orientiert sich alles am Preis – ist es ein Schrottfahrzeug, darf der Verkaufspreis auch nur dem Schrottwert entsprechen.
Hier benötigen Sie dementsprechend Fingerspitzengefühl: Wenn das Fahrzeug keine größeren Schäden hat, Sie damit sogar eine Probefahrt machen können, handelt es sich möglicherweise um eine nicht erlaubte Bezeichnung. Zwar können Sie dieses Auto dann kaufen, durch den „Verkauf als Bastlerfahrzeug“ kann sich der Händler nicht der Gewährleistungspflicht entziehen. Dennoch sollten Sie im Höchstmaß kritisch sein, da ein solches Verhalten grundsätzlichen Anlass zu Misstrauen gegenüber dem Händler liefert.
Vorsicht beim Gebrauchtwagenkauf: Betrüger verkaufen geklaute Autos mit geklauten Papieren
Für einen Verbraucher ist der Kauf eines neuen Gebrauchtwagens zum ziemlichen Reinfall geworden. Am Ende verlor er nicht nur sein Geld, sondern auch noch das neu erworbene Auto. Wie Sie sich vor derartigen Betrug schützen